Australien Neuseeland  Stopover    Fiji    News Blog
    GSR-IndianPacific-1-1300© Foto: Queensland Rail

    "The Spirit of the Outback"

    Mit dem Zug eine faszinierende Reise ins Herz von Queensland erleben und erfahren, was „Outback“ wirklich bedeutet

    Reportage von Sabrina Schaller
     

    Das australische Outback: Jeder Australien-Reisende hört davon, aber wenige führt es wirklich dorthin

    Eigentlich ist es überraschend, dass es nicht ganz oben auf der Traveller-Liste steht: das australische Outback. Denn immerhin werden fast drei Viertel des Kontinents von solch spärlich besiedeltem Hinterland beherrscht. Aber nicht nur für Bewohner aus dem städtisch geprägten Europa ist er ein Mysterium, auch unter Australiern erfreut es sich als Ausflugsziel wachsender Beliebtheit.

    Eine 15-stündige Fahrt mit dem Zug mit dem passenden Namen “Spirit of the Outback” von Rockhampton nach Longreach, 700 km westlich ins Herz von Queensland, bietet mir die wunderbare Gelegenheit zu erfahren, was mit dem Begriff Outback eigentlich verbunden ist und die Chance, einmal den üblichen Reisepfad entlang der Ostküste mit Stränden, Surfern und easy Lifestyle hinter mir zu lassen und wieder etwas „Neues“ zu entdecken.
     

    spirit-sab9-800

     
    Vor der Buchung lohnt auf jeden Fall ein Blick auf die Abfahrtszeiten: Diese können je nach Abfahrtsort sehr ungünstig liegen. In Rockhampton kann ich erst gegen ein Uhr morgens (mit einer Stunde Verspätung) in den Zug einsteigen, muss mir aber zumindest keine Sorgen um die Sicherheit machen: das überaus freundliche Zugpersonal ist bis zur Ankunft des Zuges anwesend und versorgt mich sogar mit Schokolade und bestellt mir Pizza direkt zum Bahnhof. In kleineren Orten sollte man sich aber nachts nicht unbedingt allein am Bahnhof aufhalten.
     

    Sehe zwar nur wenig vom Zug, dafür bekomme ich gleich seine Klimaanlage zu spüren

    Dass Backpacker nicht allzu oft ihren Weg an Bord des „Spirit“, wie der Zug hier auch genannt wird finden, merke ich direkt nach meinem Einstieg, als ich eine Unterhaltung von drei älteren Australiern hinter mir auffange: „I wonder where that person with the huge backpack is heading to.“ „He or she sure isn’t going for partying.“

    Ich sehe erst einmal nichts vom Zug, weil er für die Nachtruhe schön abgedunkelt ist. Als deutscher Passagier fallen schnell die wunderbar gemütlichen Sitze mit viel Beinfreiheit und gut verstellbaren Sitzlehnen auf. Dem Übergang in den ersehnten Schlaf steht also nichts mehr im Wege.
     

    spirit-sab8-800

     
    Nachts schrecke ich hoch: Es ist schweinekalt! Ich habe zwar schon viel von der berüchtigten Klimaanlagen-Obsession der Aussies gehört, aber dass ich auch mit Kapuzenpulli und Weste friere, hätte ich nicht gedacht. Schnell was zum Überziehen aus dem Rucksack greifen geht leider nicht:

    Anders als in Deutschland kann man in australischen Zügen kostenlos sein Gepäck aufgegeben, das in einem eigenen Abteil sicher untergebracht ist. Allerdings hat man während der Reise keinen Zugriff mehr darauf. Der hilfsbereite Schaffner bietet mir zwar an, meinen Rucksack beim nächsten Stopp herauszufischen, aber die Umstände will ich ihm ersparen. Man kann’s ja auch positiv sehen: Bei dieser Kühlschranktemperatur muss ich mir wenigstens keine Sorgen machen, dass mein mitgebrachtes Essen schlecht wird.

    Am Morgen hat jemand die Klimaanlage runter geschaltet, es wird wärmer und ich breite gemütlich mein mitgebrachtes Frühstück auf dem großen Klapptisch aus. Die Menü-Karte bietet zwar auch warme und kalte Snacks zu annehmbaren Preisen, allerdings sind auch die Portionen recht klein gehalten. Als guter Frühstücker müsste ich mindestens zwei der Sandwiches zum Sattwerden essen.

    Wer Geld übrig hat, kann sich beim Zugpersonal für ein herzhaftes Aussie-Frühstück anmelden und dann ganz stilvoll Rosinen-Toast, Eier mit Speck und Würstchen oder ähnliches im Restaurant “Tuckerbox” zu sich nehmen: hier zieren die Namen von alten Zugstationen die gemütlichen Bänke, an der Wand hängen nostalgische Informationsplaketten dazu
     

    spirit-sab4-800

     
    Überhaupt ist der gesamte Zug sehr liebevoll und individuell im Cowboy- und Outback-Stil gestaltet und in keinster Weise vergleichbar mit der kühlen standardisierten Plastik-Optik der Züge in Deutschland. Überall findet der neugierige Tourist kleine Anhänger aus Holz oder Schildchen, man fühlt sich irgendwie heimelig an Bord. 
    Dass der Spirit (im Vergleich zu den Zügen der Ostküste) älter ist, merkt (und hört) man ihm an: Sein Tempo ist eher gemächlich, moderne Bildschirme mit Unterhaltungsprogramm gibt es nur im Imbiss-Abteil. Allerdings unterstreicht dies nur noch mehr seinen Outback-Touch.

    Die herzliche Atmosphäre ist mit deutschen Zügen nicht vergleichbar; bei der Rückfahrt am nächsten Tag erinnert man sich sogar an meinen Namen

    Auch die Atmosphäre überrascht den an die Anonymität in Zügen gewöhnten Deutschen: Schnell breitet sich die bekannte australische Freundlichkeit aus und die Aufenthaltsräume füllen sich mit Passagieren. Im Club Car “Captain Starlight” kann man zusammen bei Kaffee und Knabbereien über die Landschaft sinnieren oder im Salon-Abteil mit seinen breiten Sesseln gemeinsam einen Drink aus der “Stockman‘s Bar” genießen. 
    Wer lieber ein Nickerchen halten möchte, kann sich im relativ leeren Sitzabteil praktisch nach Lust und Laune ausbreiten. Vor allem zwischen Rockhampton und Longreach wird man sich nicht beengt fühlen, da die Strecke von weitaus weniger Leuten befahren wird als die Ostküste. Die höchsten Passagierzahlen gibt es von Juni bis August, wenn die Temperaturen in Longreach gemäßigter sind im Vergleich zu Rekordtemperaturen von teilweise 40 Grad im australischen Sommer.
     

    spirit-sab3-800

     

    Mit dem Spirit kommt jeder Geldbeutel bequem ins Outback

    Bei den Passagieren handelt es sich fast ausschließlich um Australier. Entweder wollen sie eine andere Seite ihres Landes entdecken oder kommen selbst aus dem Hinterland (was man schnell an schicken Cowboy-Hüten oder einem stärkeren Akzent erkennt). Die meisten gönnen sich für die lange Fahrt anstelle eines Sitzplatzes ein teureres Schlafabteil. Als Backpacker kann ich mit meinem riesigen Sitzplatz sehr gut leben und man kann hier auf jeden Fall eine angenehme Nacht verbringen. Alle Sitze haben Licht, eine verstellbare Rückenlehne, Klapptische und Gepäckfächer. Die Sitzabteile teilen sich jeweils ein (recht kleines, aber sauberes) Bad mit Toilette.

    Als Schlafabteile gibt es nur Einzelabteile. Reisen zwei Personen zusammen, bekommen sie 2 Einzelkabinen nebeneinander und eine Zwischentür wird geöffnet. Jedes Abteil hat ein Waschbecken mit Spiegel, Tisch, Stromanschluss und Leselicht. Kissen, Bettzeug, Decken und Handtücher gibt es kostenlos dazu. Jeder Schlafwaggon teilt sich ein Bad mit Toilette und einer Dusche.

    (Weitere Infos und Ticketbuchungsmöglichkeit unter "Spirit of the Outback".) 
     


     

    Unbemerkt hat der Spirit das Outback erreicht

    Wer sich ein bisschen umhört im Zug, der merkt, dass das Outback eines der Hauptthemen und auch für den normalen Australier anscheinend keine vertraute Selbstverständlichkeit, sondern oftmals unbekannt ist. Inzwischen lässt es sich beim Blick aus dem Fenster in seiner ganzen „Pracht“ bewundern: Über Nacht hat der Spirit still und leise die grüne Baumvegetation der Küste zurückgelassen und den australischen Busch erreicht. Fasziniert starre ich in die trockene Landschaft mit ihrer ausgeblichenen gelblich-braunen Vegetation. Farmhäuschen, Landwege und Netzempfang verringern sich stetig. Dafür begrüßen uns neue Anwohner: eine Horde Kängurus springt plötzlich ein paar Meter vom Zug entfernt vorbei, weitere folgen. Meine ersten frei lebenden Kängurus in Australien! Für meine Mitpassagiere keine Besonderheit, aber ich starre die nächsten Stunden mit Argusaugen in den Busch auf der Suche nach weiteren Tieren. Neben Kängurus entdecke ich noch ein paar Emus, die hysterisch im Zickzack über die Steppe springen.
     

    Aus Faszination entwickelt sich plötzlich Beklemmung und Lethargie

    Aber nach Stunden des immer gleichen Tempos und Geräusches der Zugräder wächst in mir ein seltsames Gefühl der Abgeschiedenheit. Die Baumlandschaft mit wunderschönen Bergen und Tälern verwandelt sich allmählich in eine weite ausgedörrte Graswildnis mit endlosem Horizont und riesigen Wolken. 
    Wer mit dem Begriff Outback nur panoramahafte Traumlandschaften verbindet, muss sein Bild etwas revidieren. Die Natur hat ihren Reiz, wirkt aber zugleich bedrohlich und menschenfeindlich. Hier draußen weitab von der Küste ist sie noch König und der unvorbereitete (Stadt-)Mensch hoffnungslos verloren. Daher wirkt gerade diese endlose Weite auf mich plötzlich seltsam beklemmend und entwickelt sich zum Ende der Reise fast in ein wenig Lethargie angesichts des monotonen Landschaftsbildes. Das Gefühl ist nicht unangenehm, aber sehr neu und unvertraut für jemanden, der solch weite Landschaften nicht gewohnt ist. Ich freue mich, als der Zug endlich Longreach erreicht.
     

    SS-Longreach-800

     

    Wer den Zug verpasst, muss mindestens vier Tage auf den nächsten warten

    Viel Zeit zum Ausruhen bleibt aber leider nicht, da der Spirit bereits früh am nächsten Morgen die Rückreise antritt. Und nach  aufregenden 48 Stunden in Longreach verschlafe ich natürlich! Mein einziger Gedanke ist, dass ich nun vier Tage hier im Outback festsitze, bis der Zug das nächste Mal Richtung Ostküste fährt. Soweit kommt es aber doch nicht, auch dank der wirklich netten Motelbesitzerin, die mich zum Bahnhof fährt. Überhaupt habe ich die Einwohner von Longreach als sehr sehr freundliche Menschen kennengelernt! Die bekannte Herzlichkeit der australischen „Landeier“ kann ich also zumindest für Longreach bestätigen.  
    Pünktlich um 7.15 Uhr fährt der Zug ab. Obwohl sich diese Reiseerfahrung wirklich gelohnt hat, bin ich doch ein wenig erleichtert, als die Vegetation immer grüner wird und wir schließlich vor Rockhampton wieder in die typische Farm- und Feldlandschaft eintauchen.
     

    Wilde Berge, weite Steppen, historische Dörfer: nicht nur als Europäer wird man diese außergewöhnliche Lebenserfahrung in Erinnerung behalten

    Wem das alles zu viel oder zu teuer ist, dem sei versichert, dass die Zugfahrt allein und ein Spaziergang durch Longreach oder ein anderes Dorf eigener Wahl die Reise wert sind. Er ist vor allem für jene, die über die üblichen Touri-Küstenflecken hinaus einen Einblick in die weitaus größere, aber unbekanntere Seite Australiens gewinnen möchten sowie für Landschaftsfreaks, nostalgische Cowboy-Verehrer und alle, die sich gerne im schaukelnden Zug bei faszinierender Landschaftskulisse in meditative Gedankengänge verwickeln lassen. Und nicht zu vergessen: Man sieht Kängurus und Emus in freier Wildbahn. Dies scheint entgegen meinen Erwartungen keine Selbstverständlichkeit in Australien zu sein, viele Reisende haben mir zumindest nur von Zooerfahrungen berichtet.

     


    © Fotos: Great Southern Rail (oben), Sabrina Schaller

    Unterwegs in Australien

    Spirit of the Outback

    Kontakt

    Reisebine
    Brandenburgische Str. 30
    10707 Berlin
    Tel: 030 - 889 177 10

    Kontaktformular

      

      

    ASP Prem 100

    Australienberatung

    Australienvisum beantragen

    eSIM hell

    © 2024 Reisebine    
    Impressum  • AGB  •  Datenschutz  •  über uns